Eis auf dem Mond?
Jugend Forscht und das „Eis auf dem Mond“
Als begeisterter Sterngucker beschäftigte mich die Frage nach Eis oder Wasser auf dem Mond schon in jungen Jahren. Den Ursprung der wissenschaftlichen Arbeit und These gaben zunächst Beobachtungen auf der Mondoberfläche. Als 15-jähriger Schüler verfasste ich dazu 1973 eine naturwissenschaftliche Arbeit und die möglichen Ursachen von Phänomenen beim Wettbewerb“Jugend forscht“. Es gelang uns damals mit einem kleinen Team von Amateurastronomen, besondere Leuchterscheinungen am Krater Aristarchus fotografisch zu belegen. Da auch von anderen Astronomen in dieser Zeit diese Leuchterscheinungen beobachtet wurden, fanden sie als Moonblinks oder TLP´s (Transient Lunar Phenomena) Einzug in astronomische Beobachtungen und Auswertungen; nicht selten kosteten diese Beobachtungsnächte viel ermüdende und ergebnislose Stunden am Teleskop.
Weitere Vorgänge, hauptsächlich am Mondkrater Aristarchus, wurden durch Farbveränderungen von Sternbedeckungen und durch spektroskopische Untersuchungen erweitert. Sie stützten die Theorie von „Gasausbrüchen“ und möglichem Eis und damit Wasser auf dem Mond. Diese Untersuchung und theoretischen Ausarbeitungen wurden natürlich immer wieder von großem Selbstzweifel begleitet, zumal die Spektroskopie und verlässliche Ergebnisse bei Amateuren noch in den „Kinderschuhen“ steckte.
Für die Populärwissenschaften bis hin zur NASA, zu der ich zwischenzeitlich Kontakt pflegte, war leider die These von Eis auf dem Mond nicht vorstellbar; das sollte sich jedoch einige Jahrzehnte Später grundlegend ändern.
Für mich war mit dieser kleinen, naturwissenschaftlichen Forschungsarbeit im Jahr 1973 erstmals die Theorie von „Eis und damit Wasser auf dem Mond “ geboren!
Die lokalen Zeitungen gaben meiner Forschungsarbeit bei einem Presseinterview anlässlich einer Sonderausstellung zum Bundeswettbewerb Jugend Forscht 1973 in Paderborn etwas Raum. Ich hatte natürlich versucht, die These durch Beobachtungen zu besonderen Ereignisse auf dem Mond zu untermauern. In dieser naturwissenschaftlichen Arbeit verfestigte sich mein Gedanke, das sich „eisige“ Reste vom Kometen oder Asteroiden im Inneren des Kraters Aristarchus befinden könnten, die nach dem großen Einschlag unter der erstarrten Krateroberfläche und im absoluten Vakuum bei tiefsten Temperaturen „konserviert“ wurden. Zur Präsentation und Simulation des Einschlags erstellte ich ein Gibsmodell der Kraterform und seiner Umgebung. Der Aristarchus-Krater ist mit seinen ca. 450 Mio. Jahren noch recht jung, der mächtige Einschlag erfolgte nach dem sehr gut erkennbaren Strahlensystem des Auswurfmaterials, der Hauptmasse des Aufwurfs und der Richtung des Zentralbergs relativ Flach aus nordöstlicher Richtung. Das gesamte Einschlagsbild ließ darauf schließen, das zum Zeitpunkt des Einschlags an der Oberfläche bereits Erstarrungsprozesse stattgefunden hatten. Die von Astronomen beobachteten Leuchtphänomene wurden häufig am Kraterrand und in der Nähe des Kraters Archistachus gesichtet. In nordöstlicher Richtung vom Krater aus verlaufen mehrere Mondrillen, die Rimae Aristarchus und am „Schlangenkopf“ befindet sich noch die urzeitliche Austrittsöffnung eines Lavastroms (siehe rechte Bildleiste) aus der Urzeit der Erstarrung. Daher schloß ich auf eine erstarrte „Lavablase“ unterhalb des Archistachus Plateaus zwischen Herodotus und dem Einschlagskrater Aristarchus, die sich mit Eis des Einschlagsprojektils -eines Kometen oder Asteroiden- gefüllt und dort teils in gasförmig und in fester Form unter der Oberfläche „eingelagert“ hatte.
Die Schlussfolgerung dieser These ließ es daher auch sehr wahrscheinlich erscheinen, das sich besonders an den Polen des Mondes diese Einschlags-Szenarien abgespielt hatten. Die Regionen der Pole des Mondes sind sichtbar übersäht mit Kratern aus urzeitlichen Einschlägen und wegen dem ständigen Vakuum und der fehlenden Sonnenbestrahlung in den Kraterböden extremer Kälte ausgesetzt.
Im Jahr 1973 veröffentlichte ich erstmals diese theoretische Ausarbeitung von „Wasser oder Eis auf dem Mond“ in einer wissenschaftlichen Arbeit beim Wettbewerb „Jugend Forscht“ …
Die Lokalpresse gab sie zum Wettbewerb mit einigen, ersten Erkenntnissen in einem kleinen Berichten wieder.
Natürlich hielt man zu Zeiten erfolgsversprechender Erkenntnisse aus den ersten Mondlandungen meine wissenschaftliche Arbeit zu Eis auf dem Mond doch für sehr utopisch!
Aber warum sollte es nun tatsächlich Wasser auf dem Mond geben und wie ist es dorthin gekommen…?
– Einfach aus dem gleichen Grund, warum es heute Wasser auf der Erde gibt.
Denn nach meinen Erkenntnissen aus dieser Forschungsarbeit war es denkbar, dass sich auf dem Mond Wasser während der Frühzeit der Mond- und Erdgeschichte „eingelagert“ hatte. Es bestand in der Naturwissenschaft Konsens, das sich während einer Periode vor etwa 3,9 Milliarden Jahren Wasserstoff und Sauerstoff durch Einschläge von Kometen und Asteroiden als Ursprung allen Lebens auf der Erde bildete.
Da sich der Mond den Raumabschnitt mit der Erde teilt, war es für mich daher klar, dass der Mond einen Teil dieser Kometen- oder Asteroiden-Einschläge und damit auch Wasser abbekommen hatte. Letztlich sind doch die überwiegenden, geologischen Formationen auf dem Mond fast alle einschlagsbedingt. Das meiste Wasser wird zu diesem Zeitpunkt natürlich sofort im Vacuum der teils glutflüssigen und lebensfeindlichen „Exosphäre“ des Mondes verdampft sein; einer Atmosphäre, die natürlich mit der irdischen zu dem Zeitpunkt nichts gemeinsam hatte.
Es könnte sich aber noch unmittelbar unter der Oberfläche der Einschlagskrater Eis in gebundener Form befinden und besonders in den Kratern, die im permanenten Schatten des Mondes in „Kältefallen“ liegen; und diese Regionen gibt es an den Polen des Mondes.
Einige dieser Kraterböden haben schon seit Milliarden von Jahren nie das Sonnenlicht gesehen und die Temperaturen in diesen Kratern steigt nicht über -173 °C. Die später durch Sonden gemessenen Werte sind teilweise nur 26 ° C über dem absoluten Nullpunkt, der bei etwa -247 °C liegt. Damit sind sie ideale „Kältefallen“, weil dort auch leichte Elemente nicht genug Energie bekommen, um in das Vakuum des Weltraums zu entweichen. Die Temperaturen sind daher dort tief genug, um Wasser, Kohlendioxid und organische Moleküle dauerhaft zu konservieren.
Was sagt nun im laufe der Jahre die Wissenschaft dazu…
1996 entdeckte die Raumsonde Clementine am Südpol im Bereich des Kraters Shackleton durch Spektralanalyse erstmals Wasser. Das dort in den tiefen Kraterregionen Temperaturen von bis zu -230 Grad herrschen, machte diese Annahme für die NASA wahrscheinlich.
Ein zeitgleich erschienener Artikel in der Lokalpresse zu meiner Jungforschungsarbeit hatte noch etwas Positives. In einem Telefongespräch als Reaktion auf diesen Artikel erfuhr ich von einem ostdeutschen Wissenschaftler, das fast genau 20 Jahre zuvor das sowjetische Raumfahrtprogramm mit der Mondsonde Luna 24 eine solche Entdeckung gemacht hatte. Sie landete nach meinen Recherchen bereits im August 1976 in einem damals unerforschten Teil des Mondes namens Mare Crisium, bohrte ein zwei Meter tiefes Loch, entnahm 170 Gramm Gestein und brachte es unversehrt zur Erde zurück.
Hier zeigte die Analyse des Gesteins, dass es bereits in geringer Tiefe ungefähr zu einem Tausendstel seiner Masse aus Wasser bestand. Aber die Studie fand im Westen keine Aufmerksamkeit, obwohl es zu dieser Entdeckung neben der russischen auch eine englische Fassung gab?
Noch 30 Jahre später fixierten die Amerikaner die Obergrenze für Wasser auf dem Mond auf ein milliardstel Teile und sie haben aus mehreren Gründen so lang auf ihrem Irrtum beharrt. Da war zunächst die Entstehungsgeschichte des Mondes, der bei einem kosmischen Crash aus der Erde herausgebrochen war. Die NASA-Forscher nahmen an, das dabei das Gestein so stark erhitzt und durchgemischt wurde, dass sämtliches Wasser verdampfen musste. Über die weiteren kosmischen Kollisionen nach diesem Zeitabschnitt machte man sich offenkundig keine Gedanken?
Die eigenen Proben der NASA mit möglichem Wasser bei ihren Apollo-Missionen analysierten sie als „irdische Verunreinigungen“. Aber ganz sicher ist man sich auch bei der NASA ja nie, daher folgten nach Clementine 1996 weitere Projekte. Im Jahr 1998 schickte die NASA eine weitere Raumsonde, den Lunar Prospector zur Überprüfung. Mit einem Gerät, genannt Neutronen Spektrometer, tastete der Lunar Prospector die Mondoberfläche nach wasserstoffreichen Materialien ab. Erneut zeigten die Mondkrater ein verblüffendes Ergebnis: Die Neutronenrate deutete auf Wasserstoff hin; könnte es doch das „H“ im H2O sein?
Studie 1997 im Auftrag der NASA zum Aristarchus und seiner Umgebung (Download): Aristarchus-19970025443
Und der Krater Aristarchus…
Unter anderem analysierte Lunar Prospector den Krater Aristarchus und bestätigte den radioaktiven Zerfall (Halbwertzeit 3,8 Tage) von Radon 222, einem radioaktiven Gas. Zusätzlich wurde im Besonderen ein hohes Vorkommen von Ilmenit und Regolith, einem sauerstoffreichen Titanoxit-Mineral entschlüsselt.
Ein wichtiger Hinweis auf einen Kometeneinschlag als Ursprung dieser jungen Kraterformation. Dieses bestätigte Hubble im Jahr 2005 (Advanced Camera/UV) durch seine Untersuchungen mit einen sauerstoffreichen, gläsernen Boden in Form von Mineralien am Aristarchus.
Im Jahr 2008 schickte die NASA eine neue Sonde zum Mond, den Lunar
Reconnaissance Orbiter (LRO). Ausgestattet mit weiterentwickelten Sensoren, die Wasser auf mindestens 4 verschiedene Arten entdecken können. Die Wissenschaftler waren jetzt zuversichtlich, dass LRO die Frage nach Wasser auf dem Mond ein für alle mal beantworten kann.
2009 und damit 36 Jahre später wird…
…die Erkenntnis von Eis auf dem Mond wissenschaftliche Realität, denn am Südpol des Mondes hat die US-Weltraumbehörde NASA nachweislich Wasserstoff entdeckt und als Sensation gefeiert.
Das haben eindeutig die Daten gezeigt, welche die Sonde „Lunar Reconnaissance Orbiter“ (LRO) zur Erde sendete. Laut der NASA seien die Wasserstoff-Spuren ein Indiz dafür, dass es auf dem Mond tatsächlich Wasser geben könnte.
Eric Hauri vom Carnegie-Institut für Wissenschaften in Washington – „Das legt die sehr faszinierende Vermutung nahe, dass das Innere des Monds ebensoviel Wasser enthält wie die oberen Gesteinsschichten der Erde“-.
Am 9. Oktober 2009 schlug eine mitgeführte Sonde, der LRO gezielt auf die Mondoberfläche auf. LCROSS (Lunar CRater Observation and Sensing Satellite) hat die Messdaten der „Aufschlagswolke“ analysieren und zur Erde übermitteln…
Am. 13. November 2009 geht dann die Sensationsmeldung um die Welt:Die Analyse der Messdaten des LCROSS Einschlags ergaben größere Mengen Wasser auf dem Mond, als jemals zuvor vermutet wurde!
Bericht zum Eis auf dem Mond im Nov. 2009
Die Ergebnisse der NASA im Kurzbericht:
Zusammen mit LRO wurde eine zweite Mission zum Mond gebracht, der Orbiter LCROSS. Die zweite Stufe der Rakete, die bis zum Mond die beiden Orbiter trug, schlug am 9. Oktober 2009 als 2,3 Tonnen schwerer und 2,5 km/s schneller Einschlagkörper im Schattenbereich des Kraters Cabeus ein. Der ihm folgende Orbiter LCROSS beobachtete den Einschlag und die Auswurfwolke etwa vier Minuten, bevor er ebenfalls auf dem Mond aufschlug. Eine Materiewolke stieg über den Kraterrand auf, unter dessen Einfluss mögliches Wassereis, Hydrocarbonate und organische Moleküle verdampften und sich in ihre Bestandteile zerlegen würden. Diese Bestandteile wurden mit den Infrarot-Kameras und Infrarot-Spektrometern von LCROSS untersucht, den Ort und das Verhalten der Wolke untersuchten die Kameras für sichtbares Licht, und ein Photometer bestimmte die Stärke des Einschlag-Blitzes.
Der Aufschlag wurde von vielen Beobachtern gesehen und vermessen. Er war so deutlich, dass er selbst in etwas größeren Amateur-Instrumenten zu sehen war. Der Blitz dauerte etwa zwei Sekunden, es folgte die Auswurfwolke, die nach 15 Sekunden bereits einen Durchmesser von 7 Kilometern aufwies. Der Einschlagkrater wurde fotografiert, er hatte nach ersten Messungen einen Durchmesser von etwa 30 Metern.
Am 13. November 2009 folgte die vorläufige Auswertung der Daten von LCROSS, der es aufgezeichnet und gesendet hatte. Besonders eindeutig geht aus den Messungen der Spektrometer die Existenz von Wasser in der Auswurfwolke hervor. In welcher Form das Wasser im Krater Cabeus vorhanden ist, ob massiv oder in Form feiner Spuren im Mondstaub ist damit aber wohl fast geklärt.
Es folgen noch weitere Erkenntnisse…
Denn etwas anders erscheint die Lage am Nordpol des Mondes. Von der Region gab es Anfang 2010 eine Nachricht der NASA-Forscher in der Zeitschrift „Geophysical Research Letters” über dicke Eisschichten in permanent beschatteten Kratern. Am Nordpol des Mondes gibt es demnach mehr als 40 Krater, die mit einer mehrere Meter dicken Schicht Wassereis gefüllt sind. Das hat das Radarinstrument Mini-SAR an Bord der indischen Mondsonde Chandrayaan-1 festgestellt. Insgesamt könnten sich damit in dieser Region mehr als 600 Millionen Tonnen Wassereis befinden. Das ist überraschend, da das ebenfalls permanent im Schatten liegende Gebiet am Nordpol beträchtlich kleiner ist als sein Gegenstück am Südpol.
Nach neuen Erkenntnissen zerbrach vor etwa 800 Millionen Jahren in unserem Sonnensystem ein etwa hundert Kilometer großer Asteroid und überschüttete Erde und Mond mit seinen Trümmerstücken. Darauf deutet die Analyse von knapp sechzig Mondkratern durch ein Forscherteam aus Japan hin. Das heftige Bombardement könnte demnach auch der Auslöser für den Übergang in das erdgeschichtliche Zeitalter des Cryogeniums gewesen sein, in dem ein großer Teil der Erde von Eis und Schnee bedeckt war.
Die Analyse bestätige, dass solche Asteroidenschauer einen erheblichen Einfluss auf das Klima und die Entwicklung des Lebens auf der Erde hatten, so die Wissenschaftler im Fachblatt „Nature Communications“.
Weitere Meldung vom 7. Januar 2022 sind daher sehr Aufschlussreich, denn auch die Weltmacht China entdeckt mit ihrem Chang’E-5 Lander Wasser auf dem Mond. Nach diesen Berichten aber offenbar mehr, als jemals angenommen wurde. In dem ehrgeizigen Artemis Projekt strebt nun auch die NASA nach Wasser und Eis auf dem Mond, um nun eine längere Besiedelung des Erdtrabenten als möglich „Zwischenstation“ zum Mars zu etablieren.
Hier dazu noch der wissenschaftliche Bericht aus dem Wissenschafts-Archiv Science
Advances: https://www.science.org/doi/10.1126/sciadv.abl9174
Nach nunmehr 50 Jahren berichteten verschiedene Zeitungen noch einmal über meine damalige Forschungsarbeit und den jetzigen Erkenntnissen. Es folgte zusätzlich eine Einladung des WDR in die Lokalzeit nach Bielefeld. Für mich ein wenig die Anerkennung, Würdigung und Bestätigung dieser langen Reise…
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